Posted by JR on August 24th 2015
in Exhibitions, paintingPlease feel warmly invited to our solo-show “Rosa Elefant Rosa Elegant” (pink elephant pink elegant), at Banana Gallery in Mannheim.
You are welcome to join us at the opening on the 28th of August at 7pm.
Text: Jana Duda
Aktion und Reaktion:
über das dialogische Arbeiten der 44flavours
Seit über zehn Jahren arbeiten Julio Rölle und Sebastian Bagge als Grafiker und Künstler eng zusammen. Ihr kreativer Ursprung liegt eindeutig im Graffiti, was man nicht nur an Style und Technik ablesen kann, sondern auch an ihrer unbeschwerten Herangehensweise, einer ungebrochenen DIY-Attitüde sowie der Fähigkeit zu improvisieren und aus jedem Stück Pappe, Papier, Holz oder Stoff ein Stück Kunst zu machen. Analog ist die Devise, hier wird gesägt, geschnitten, geschraubt, gepinselt und gesprüht.
Ihre neuesten Arbeiten sind das Ergebnis einer bewusst gesetzten Zäsur, welche der Frage folgte, wie man nach so langer Zeit des gemeinsamen Arbeitens die ausgetretenen Pfade verlassen kann um zu der Energie zurückzufinden, die das Duo so viele Jahre angetrieben hat. Man wollte wegkommen von dem sich wiederholenden „Hast du schon…?“ und „Ja, Ja“, wollte wieder „Hey! Wow! Sehr gut!“. Die Idee war, wieder in einen künstlerischen, nonverbalen Dialog zu treten. Dafür schlossen sich die beiden zuerst für drei Tage in ihr Atelier ein. Julio machte den Anfang: er benutzte Studien aus seinem Skizzenbuch, die für ein Skulpturenprojekt entstanden waren als Ausgangspunkt und entwickelte eine air brush-Technik, die auf Papier anzuwenden ist. Sebastian übernahm die Vorlage, indem er die vorhandenen Formen kopierte, bearbeitete und in Holzschnitte umsetzte. Diese wurden auf den von Julio vorbereiteten Grund gedruckt. Als finalen Schritt gab es eine weitere Bearbeitung des Bildes, wiederum mit air brush. Das Resultat überzeugte, der gemeinsame, unendliche Spaß war wieder hergestellt und die intensive Zusammenarbeit begann erneut.
Da diese Arbeiten völlig frei, also auftragsungebunden entstanden sind, lässt sich in ihnen neben dem kreativen Dialog zwischen Julio und Sebastian eine weitere dialogische Struktur ablesen. Referenzen an künstlerische Vorläufer sind nicht von der Hand zu weisen. Vor allem die Übernahme der Formensprache von Künstlern der so genannten klassischen Moderne ist sichtbar: die strichbetonten Figurationen Picassos, die Formen und Farben der Scherenschnitte von Matisse, Paul Klees grafischer Bildaufbau, ebenso wie die surrealistische Räumlichkeit der Pittura metafisica von Georgio de Chirico oder die geometrische Körperlichkeit der Kostüme, die Oskar Schlemmer für sein Triadisches Ballet entworfen hatte. Doch die 44flavours sind Künstler des 21. Jahrhunderts, und so sollten diese interpiktorialen Momente vor allem als eine augenzwinkernde Hommage an die Kunstgeschichte gelesen werden, derer sich die beiden zwar sehr wohl bewusst sind, aber die sie nicht als Leitstern ihrer künstlerischen Praxis betrachten. Diesen Stellenwert haben vielmehr zeitgenössische Inspirationen wie zum Beispiel die pixacao taggings, die Julio auf einer ausgedehnten Brasilienreise entdeckte. Diese beinahe unleserlichen Kringel überziehen ganze Gebäude der Brasilianischen Großstädte. Sie sind als subversives, politisches Statement der marginalisierten Bevölkerung zu lesen und lassen sich in abgewandelter Form auch in den air brush paintings dieser Ausstellung finden.
Die 44flavours leben den Dialog. Nicht nur den Dialog untereinander, sondern auch die aktive Zwiesprache mit all den Zeichen und Formen der Bildwelt, die sie – die uns – umgibt, prägt, erfreut, belustigt, beeindruckt und herausfordert. Ihre Arbeit ist ein Beispiel dafür, wie man historische Referenzen mit spielerischer Leichtigkeit integriert und zugleich
aktuelle, globale Phänomene respektvoll aufnimmt.